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Da ein Server bei einem Anbieter mit einem neueren Kernel als 2.6.18-4 nicht bootet und ich nicht nachschauen konnte, woran das lag (der Anbieter bietet keinen Remote-Zugriff via KVM-over-IP an), der Server mit dem alten Kernel aber instabil lief, habe ich mich für ein anderes Betriebssystem entscheiden müssen. Die Wahl fiel auf OpenBSD, da ich keine Wahl hatte :-). Wie man mit OpenBSD nun einen Tor-Node aufzieht und welche Schwierigkeiten dabei auftreten können, möchte ich hier dokumentieren.
Der Einsatzzweck für den Server ist einzig und allein Tor (in Zukunft könnten weitere Anonymisierungsdienste folgen), sodass man eine relativ klare und eindeutige Umgebung hat, was die Fehlersuche erleichtert. Zuerst lief auf dem Server ein Debian 4.0 mit 2.6.18-4-Kernel. Dummerweise enthält der Treiber für die SiS-Billignetzwerkkarte (da ist ein ASRock-Mainboard im Server, aber gut, irgendwo muss der Dumpingpreis ja herkommen) einen Bug, sodass ab einer gewissen Auslastung beziehungsweise nach einem gewissen Zeitpunkt keine Pakete mehr angenommen/verarbeitet werden. Stattdessen wird das syslog mit Meldungen über Null Pointer überflutet („NULL pointer encountered in Rx ring, skipping”).
Dieser Fehler ist in neueren Versionen behoben, sodass ein Upgrade anstand. Dieses ging jedoch schief, aus mir unbekannten Gründen. Die Festplatte wird anscheinend gar nicht erst gefunden, denn es tauchen keinerlei Meldungen über den Bootvorgang des neuen Kernels im syslog auf. Die Konfiguration der beiden Kernel ist identisch, beides sind Debian-Standardkernel.
Wenn nun also Linux nicht läuft, warum dann nicht gleich ein BSD? Leider bietet der Anbieter (zur Zeit) noch kein NetBSD in seinem System an (und auch kein FreeBSD), sodass ich ein OpenBSD 4.2 installiert habe. Bei BSD habe ich den Eindruck, dass es so ist, dass sie entweder garnicht oder aber stabil laufen. Bisher wurde ich in dieser Theorie noch nicht widerlegt ;-).
Tor kompilieren
Die ersten Schwierigkeiten hat man, wenn man ohne Vorwissen versucht, Software unter OpenBSD zu kompilieren. Unter OpenBSD gibt es, wie bei den anderen BSDs auch, das Ports-System, das man sich mit folgenden Befehlen herunterladen kann:
# cd /usr # ftp ftp://ftp.openbsd.org/pub/OpenBSD/4.2/ports.tar.gz # tar xfz ports.tar.gz
Bevor man mit dem Kompilieren und Installieren von Software aus den Ports anfangen kann, sollte man sich jedoch die beiden Sets xbase und xshare nachinstallieren (es sei denn, man hat sie schon bei der Installation mit angegeben, was bei einem Standardsystem nicht der Fall ist):
# cd # ftp ftp://ftp.bytemine.net/pub/OpenBSD/4.2/i386/xshare42.tgz # ftp ftp://ftp.bytemine.net/pub/OpenBSD/4.2/i386/xbase42.tgz # cd / # tar xfz /root/xshare42.tgz # tar xfz /root/xbase42.tgz
Da die Ports keine aktuelle Version von Tor enthalten, bauen wir uns Tor einfach komplett selbst, aus dem Subversion-Repository. Dafür brauchen wir natürlich subversion:
# cd /usr/ports/devel/subversion # export FLAVOR="no_ap2 no_bindings" # make install # export FLAVOR=""
Die FLAVOR-Variable gibt an, mit welchen Optionen wir subversion kompilieren wollen und ist mit den Use-Flags bei Gentoo vergleichbar. In diesem Falle brauchen wir keine Bindings für externe Sprachen und möchten auch nicht, dass automatisch ein Apache 2 mitkommt.
Außerdem brauchen wir noch eine aktuelle OpenSSL-Version, da Tor in Kombination mit OpenSSL unter 0.9.7k einen Bug hat. Leider gibt es OpenSSL nicht in den Ports, da es Bestandteil von OpenBSD ist. Selbst in OpenBSD 4.3 kommt allerdings keine Version mit, die aktuell genug ist. Daher bauen wir uns OpenSSL selbst:
# ftp http://www.openssl.org/source/openssl-0.9.8h.tar.gz # tar xfz openssl* # cd openssl* # ./config --prefix=/usr/local --openssldir=/usr/local/openssl && make && make install
Bevor wir Tor nun kompilieren können, brauchen wir noch autoconf und automake:
# cd /usr/ports/devel/autoconf # make install # cd /usr/ports/devel/automake # make install
Aus dem Subversion-Repository ziehen wir uns jetzt Version 0.2.1.2-alpha, und kompilieren/installieren sie:
# cd # svn co -r 15385 https://tor-svn.freehaven.net/svn/tor/trunk tor # cd tor # export AUTOMAKE_VERSION=1.9 AUTOCONF_VERSION=2.59 # ./autogen.sh && ./configure --with-ssl-dir=/usr/local && make && make install
Ich bin mir nicht sicher, ob es so gedacht ist, die Umgebungsvariablen AUTOMAKE_VERSION und AUTOCONF_VERSION zu setzen. Jedenfalls funktioniert es damit und ohne eben nicht ;-). Wer mehr darüber weiß, möge mich erleuchten.
Hinweis: LD_CONFIG
Für das Kompilieren von anderer Software (zum Beispiel collectd, ein schönes und kleines Programm um RRD-Datenbanken mit dem Systemzustand zu erstellen) kann es nötig sein, die Umgebungsvariable LD_CONFIG so zu setzen, bevor man configure aufruft:
# export LDFLAGS="-L/usr/local/lib -L/usr/X11R6/lib"
Ansonsten findet der Linker unter Umständen libexpat nicht (der Grund, warum wir vorhin xbase und xshare installiert haben). Leider ist die Fehlermeldung von configure in diesem Fall absolut nicht hilfreich, da nicht die Compilerausgabe, sondern eine lesbare, vordefinierte Fehlermeldung angezeigt wird (die aber eben nicht zutrifft).
Sollte es immer noch nicht funktionieren, kann man noch manuell ldconfig
/usr/X11R6/lib
und ldconfig /usr/local/lib
anstoßen.
Tor konfigurieren
Ich werde hier nicht auf die Konfiguration von Tor im Allgemeinen eingehen (dazu siehe torproject.org), sondern nur auf die Besonderheiten. Was sofort auffällt, ist die Fehlermeldung beim Starten von Tor, in der gesagt wird, dass das Limit für file descriptors (darunter fallen auch Sockets, also auch Verbindungen) zu niedrig sei. Bei OpenBSD ist das standardmäßig tatsächlich auf 128 gesetzt, bei Linux sind es 1024. Tor geht in der Standardkonfiguration von 1000 nutzbaren file descriptors aus, sodass es auf OpenBSD ohne Nachhilfe nicht klappt.
Da auf dem Server nichts anderes als Tor läuft, drehen wir die Anzahl an
Verbindungen ordentlich hoch. In die 512 MB RAM sollte einiges an
Datenstrukturen für Sockets passen :-). Hierzu muss man insbesondere die
Kerneleinstellung kern.maxfiles
hochsetzen, sonst kommen später
trotz hohem ulimit Fehlermeldungen, dass er keine file descriptors mehr habe:
# echo kern.maxfiles=16384 >> /etc/sysctl.conf
Für den laufenden Betrieb ändert man den Parameter mit sysctl -w
kern.maxfiles=16384
. Anschließend setzt man das Limit hoch:
# ulimit -n 8192
Diese Änderung kann man dann in /etc/login.conf
fest eintragen.
Ab jetzt kann man sich in der Tor-Konfiguration auch 8000 Verbindungen (ConnLimit) erlauben.
Mehr Bandbreite
Wenn man dann Tor eine Weile laufen hat, wird einem auffallen, dass die Bandbreitenauslastung bei ca. 1 MB/s pro Sekunde aufhört. Unter Linux schaffte der Server deutlich mehr, also muss man noch ein paar Einstellungen optimieren.
Ebenso wie bei den file descriptors kommt OpenBSD bei den TCP Window Sizes mit
sehr altmodischen Einstellungen. Für Verbindungen mit sehr viel Traffic wird in
der FAQ empfohlen, die Window Sizes manuell auf 128 KB zu erhöhen, ich hatte
mit 256 KB bei einer 100 MBit/s-Leitung bessere Erfahrungen. Außerdem erhöhen
wir weitere Limits und setzen die Zeit, die geschlossene Verbindungen offen
bleiben, herunter (ebenfalls in der /etc/sysctl.conf
):
net.inet.tcp.sendspace=262144 net.inet.tcp.recvspace=262144 net.inet.ip.maxqueue=4096 kern.somaxconn=512 net.inet.tcp.rstppslimit=512 kern.maxclusters=128000 net.inet.tcp.keepinittime=10 net.inet.tcp.keepidle=30 net.inet.tcp.keepintvl=30
Fertig
So, fertig. Der Server packt nun ca. 9 MB/s Bandbreite statt 1-2 MB/s, außerdem läuft Tor stabil mit vielen Verbindungen und geringer Systemauslastung (20-30% CPU auf einem Sempron 2800+, ca. 100 MB RAM). Ich freue mich natürlich über weitere Tipps/Hinweise und beantworte gerne weitere Fragen.
Update: Zu früh gefreut. Nach ein paar Tagen steigt die Auslastung von Tor (wie überall), nur leider skaliert OpenBSD dann nicht mehr so gut wie Linux auf derselben Hardware. Mittlerweile läuft auf dem Server wieder Linux (mit neuerem Kernel) und damit erreicht Tor ca. 1 MB/s mehr als unter OpenBSD. Ähnliche Erfahrungen hat mindestens ein Tor-Entwickler, mit dem ich darüber gesprochen habe, auch gemacht.
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